Das SOS Kinderdorf Mzuzu

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Reisetag 60

Kilometer 11.537

Heute ist der 60. Tag unserer Reise. Zwei Drittel liegen hinter uns. In genau einem Monat verlässt unser Flieger Kapstadt.

Bei den Spenden hinken wir weiter mächtig hinterher. Über die Hälfte bis wir heim kommen werden wir doch schaffen, oder?
Alles was über bleibt werden wir nämlich mühsam im Nachhinein mit Vorträgen sammeln müssen, also lasst uns nicht hängen!

Heute ist wieder der Besuch eines SOS Kinderdorfes dran. Dafür müssen wir erstmal nach Mzuzu kommen.

60 - Perfekte Business Kombinationen in Kasungu mit ihren Schildern...

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Schwer nehmen wir Abschied vom Chitimba Camp und es geht auf die Straße weiter nach Süden. Die Straße steigt gleich steil an und wir fahren durch sehr schöne Walder, immer wieder mit lohnenden Ausblicken auf den See.
Eigentlich wollten wir um 10 in Mzuzu sein. Hätte auch fast geklappt. Und dann gab es einen kleinen Zwischenfall an einer Polizeikontrolle.
Vor jedem größeren Ort sind hier "road blocs" durch die Polizei. Meist ist eine Fahrbahn gesperrt und man muss wechselseitig am Polizisten vorbei fahren. Wir erreichen einen solchen Posten, die Straße geht hier nicht steil  aber deutlich bergan. Als wir ankommen steht da ein Pickup randvoll mit Sand. Zu schwer und wohl auch ein Modell ohne wirkliche Bremsen. Während der Fahrer versucht los zu fahren rollt er zurück. Direkt auf Marc zu. Schreien hilft nichts, Marc wird wieder Mal umgeschmissen, dabei reist er noch den dahinter stehenden Alex um. Was ein Malheur direkt vor der Polizei. Das hochoffizielle Kennzeichen der Bundeshauptstadt wurde in der Mitte gefalzt, Marc hat ein paar Schrammen abbekommen, sonst geht's. Nachdem wir die Maschinen wieder aufgerichtet haben dürfen wir dafür durch die Polizei unbehelligt passieren.
Oberhalb vom See kommen wir in eine andere Welt. Ein riesiges Hochplateau, kühl, schöne Granitkegel in weiter Landschaft mit tollen Felswänden. Und Kiefernwälder!

60 - Am SOS Kinderdorf Mzuzu angekommen

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Endlich kommen wir in Mzuzu an. Normalerweise hatten wir vor den Besuchen immer Kontakt zum Village Director, hier hatte das nicht geklappt und wir stehen mehr oder weniger einfach vor der Tür.
Trotzdem werden wir herzlich empfangen. Lameck Kayira, der Sozialarbeiter des Dorfes betreut uns. Die Village Director hat gerade drei Wochen Urlaub, deswegen haben wir sie auch nicht erreicht.
Das Dorf in Mzuzu hat 15 Familien auf die 141 Kinder verteilt sind. Die Kinder bleiben hier bis sie 23 sind, wenn sie früher schon fest im Leben angekommen sind können sie auch früher gehen.
Die Häuser der Familien sind in Fünfer Gruppen im Kreis angeordnet. Der Dorfleitung ist es ganz wichtig, dass die Familien in möglichst allen Belangen wie eine normale Familie handeln. So haben die Mütter ein festes Budget. Alles was an Ausgaben bewältigt werden muss, ob nun was fürs Haus, Einrichtung, kleine Renovierungen aber auch die Bedürfnisse der Kinder, muss mit diesem Budget erfolgen. Die Kinder sollen hier aktiv mit entscheiden und planen damit sie von Anfang an sehen, dass Geld nur begrenzt da ist und eine Planung wichtig ist.

Auch hier die Frage, wie kommen die Kinder in die Kinderdörfer?
In Malawi gibt es eine sogenannte Traditionelle Mitverwaltung. Das sind letztendlich die alten Häuptlinge die gerade am Land noch sehr viel Gewicht haben. Sie stellen quasi die lokalste Ebene der Verwaltung dar und entsprechen unseren Bürgermeistern. Bei jedem dieser Häuptlinge gibt es einen "Child Protection Worker". Sollte in einem Dorf in einer Familie ein Problem bekannt werden ist es die Aufgabe dieses Sozialarbeiters einen Prozess zum Wohl des Kindes zu starten. Häufige Gründe sind: die Kinder werden aus Verzweiflung verlassen, die Eltern sterben, die Mutter kann sich nicht adäquat kümmern (zB aufgrund einer Drogensucht oder einer Tätigkeit als Prostituierte) oder Gewalt in der Familie.
Der Kinderschutzbeauftragte meldet dies an den Distrikt, dieser informiert das SOS Kinderdorf und es kommt zu einem gemeinsamen Assessment.
Kann die Situation vor Ort durch Unterstützung der Familie gelöst werden? Dafür gibt es die Betreuung durch das "Family Strengthening Programe". Derzeit werden von Mzuzu aus ca. 2000 Kinder "ambulant" betreut.
Sollte dies nicht reichen wird eine Kommission gebildet wo das Kind hin könne, wo es dazu passen würde, welches Dorf, welche Familie.
Letztendlich muss dann noch ein Gericht über die endgültige Unterbringung des Kindes entscheiden.
Nach fünf Jahren muss jeder Fall wieder neu bewertet werden, ob die Unterbringung noch angebracht ist. Meistens ist es aber so.

60 - Der SOS Kindergarten

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Wie besuchen Veronica in ihrem Haus, die Kinder sind alle in der Schule, nur die Älteste ist mit der Schule fertig und daheim. Bereitwillig zeigt man uns die Küche und das Wohnzimmer.
Wir gehen weiter an den Rand des Areals. Hier liegt die "Hermann Gmeiner Primary School". 
Die Grundschule geht in Malawi acht Jahre. Die Schule des Kinderdorfes steht auch Kindern aus der Umgebung offen und ist sehr beliebt, es gibt lange Wartelisten.
Auch in Malawi gibt es wie in Tansania einen großen Lehrermangel. In der Hermann Gmeiner Schule soll das Verhältnis Lehrer - Schüler 1 zu 40 nicht überschreiten, das klappt in fast allen Klassen. Von der Regierung gilt eine Obergrenze von 60 Schülern pro Klasse aber in Ermangelung von Lehrern geht ist in den Dörfern bis zu 1 zu 100.
Wir treffen die stellvertretende Direktorin. Wieso gibt es so einen Lehrermangel? Lameck und die stellvertretende Direktorin sind sich einig, der Regierung sind Lehrer eigentlich egal.
Die Gehälter sind sehr niedrig, in den Ferien werden Lehrer oft garnicht bezahlt (...das dürfte dem jungen Lehrer in Deutschland nicht ganz unbekannt sein...). Und während es große Förderprogramme der Regierung gibt um Schüler dazu zu bringen Arzt oder Krankenschwester zu werden gilt für viele Lehrer nicht als richtiger Beruf. Wenn man mit 100 Mitschülern mit einem überforderten Lehrer in der Klasse aufgewachsen ist nicht unverständlich.

Neben der Schule stehen noch zwei größere Gebäude. In den Malawische Dörfern sind sogenannte Jugendhäuser üblich. Ab etwa 14 ziehen die Kinder im Dorf mit den anderen Jugendlichen in ein eigenes Haus, die Burschen in eines und die Mädchen in ein anderes. Die Jugendlichen lernen so Selbstständigkeit.
Das wollte man im Kinderdorf auch abbilden aber die Kinder konnten garnicht damit umgehen, dass sie nochmal aus der Familie raus müssen, nochmal "verlassen" werden. Daher hat man dieses Projekt eingestellt.

SOS Kinderdorf ist die Versorgungseinrichtung für Kinder in Malawi. Es gibt auch staatliche Heime aber nur im geringen Maße. Trotzdem gibt es keinerlei finanzielle Unterstützung durch die Regierung nur regelmäßige Kontrollen und vielleicht technische Unterstützung bei Baumaßnahmen. So kann man Verantwortung auch "outsourcen".



Lameck verabschiedet sich von uns mit warmen Worten wie dankbar er für unseren Einsatz ist da sie genau von diesen gesammelten Spendengeldern voll abhängig sind. Bei der kleinen Leistung die wir hier dazu beitragen ist uns das fast etwas unangenehm.

Wir verlassen das SOS Kinderdorf Mzuzu und fahren weiter nach Süden. Das Hochland von Malawi ist wirklich ausserordentlich schön! Und ganz dünn besiedelt.

60 - Das unglaublich schöne Malawische Hochland

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Unterwegs überholen wir immer wieder Bauern, zu Fuß oder auf dem Radl die riesige Mengen braune Blätter transportieren. Tabak!
Zügig kommen wir in der Kleinstadt Kasungu an. Wir finden das sehr schöne und gute Hotel "Palm Villa" und gehen in den Ort.
Der Tabak wird hier aufgekauft, in Größe, rechtwinklige Leinensäcke eingenäht und haushoch auf LKW gestapelt...was diese LKW wert sind wenn der Tabak verarbeitet und besteuert ist...
Wir essen lokal und gehen früh ins Bett. Selbst hier, in einer Stadt ist der Sternenhimmel durch die fehlende Lichtverschmutzung schöner und eindrucksvoller als überall bei uns!

1 comment:

  1. Ihr macht ja was mit! Gut, dass die Unfälle so glimpflich ausgehen!! Vielleicht den Rest der Reise ohne Unfall? Interessant aber, dass offensichtlich über das Wohl verlassener Kinder sehr verantwortlich? entschieden wird!Weiterhin eine gute!! Reise!! Ingrid

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