Reisetag 24
Kilometer 5181
Es geht wieder weiter. Früh brechen wir im schönen Acropole Hotel auf. Es herrscht ein unangenehmer Sturm der den ganzen Dreck und Staub des Mollochs Khartoum aufwirbelt und der sich sofort überall festsetzt. Wir verlassen die Stadt nach Südwesten, Richtung Äthiopien.
Vorbei geht es an langen Tankstellenschlangen. Es gibt wieder Benzin, aber immer noch viel zu wenig. Der völlige Kollaps der letzten Wochen war wohl wirklich auf die Raffinerie zurück zu führen. Gestern hatte die Tageszeitung geschrieben, die Raffinerie hätte an ihrem ersten Tag wieder in Betrieb 1500 Tonnen Benzin produziert. Der alte Mann im Eingang des Hotels lachte nur: "Hihi - Newspaper hihi Government - Hihi".
Tatsächlich, kaum verlassen wir die Vororte sind alle Tankstellen wieder verwaist.
Sind wir froh, dass wir genug Sprit bis Äthiopien haben. George hatte uns große Kunststoff Kanister besorgt die jetzt bei Alex und mir in recht wilder Konstruktion auf den Motorrädern stehen. Mit meinem Motorrad transportiere ich jetzt über 70 Liter Benzin...eine satte Menge!
Zuerst geht es noch etwas durch die Wüste aber die Landschaft ändert sich. Der Boden wird dunkler, erste Acker sind zu sehen und Weidetiere. Hier kommen wohl die armen Kühe her die uns seit Ägypten begegnen.
Kaum kommt ein Dorf in die Nähe zeigt sich unser unglaubliches Plastikproblem. Alles ist in Plastik, wie bei uns. Wir leisten mit unseren sechs Wasserflaschen am Tag pro Kopf auch unseren Beitrag.
In diesem Land weht fast immer ein Wind. Wenn man Plastik neben sich legt ist es nach kürzester Zeit "verschwunden". Wer soll sich da Gedanken übers Sammeln machen?
Überall wo Hindernisse im Wind stehen sammelt sich der unverrottbare Müll von selber. Auf jedem Feld, an jedem Baum und Busch Unmengen. Und dazwischen suchen Ziegen und Esel nach Essen.
Wir werden einen weltweiten Kampf gegen Plastik brauchen. Wir werden eine weltweite Plastiksteuer brauchen und Organisationen die in den Länder wie hier gesammeltes Plastik zu einem Preis aufkauft der so hoch ist, dass die Bevölkerung gerne raus geht und das Plastik einsammelt. Wir werden sonst alle ersticken.
Die Eindrücke sind erschütternd und beklemmend.
Weiter wandelt sich die Landschaft, immer mehr, schüttere Bäume und Hügel.
Die einstöckigen, würfelförmigen Lehmhäuser weichen runden Häusern mit Strohdach, die Wände sind teilweise aus Lehm, teilweise aus Stroh.
Unterwegs hält ein Bajaj neben uns. Bajaj ist das hiesige Tuk-Tuk, dass den Großteil der Mobilität hier bietet. Der Fahrer hatte Alex Kanister gesehen und sein Fahrzeug und Lebensunterhalt war fast leer. Alex gab ihm drei Liter unseres streng kalkulierten Vorrats. Immerhin wahrscheinlich ein Tag Arbeit.
Wir kommen in Gedaref an, der letzten größeren Stadt vor der Grenze. Durch Fragen finden wir das Elhawwat Tourist Hotel. Mit Dusche! Wir sind zufrieden.
Nach kurzer Erholung geht es auf den Markt um was zu essen. Wir werden von Ali angesprochen, ob wir Hilfe bräuchten. Wir fragten ihn wo wir zum Ful Essen hin gehen sollen. Er nimmt und mit und lädt uns ein!
Ali hat Englisch studiert und abgeschlossen. Aber hier in Gedaref gibt es keinen Beruf für jemanden der Englisch kann. Also fährt er Bajaj. Natürlich ist er damit unzufrieden und er möchte in seinem Leben weiter kommen. Er hat sich überlegt mit dem Boot nach Europa zu gehen. All die Bilder von daheim gehen mir durch den Kopf. Die "Verteilerquartiere", die Willkür, das sinnlose Warten, die völlige Unsicherheit, und unsere abweisende Gesellschaft. Vorsichtig versuche ich ihm meine Gedanken zu erklären.
Wir wollen für morgen noch ein Kilo Datteln kaufen. Der Verkäufer weigert sich von Alex Geld zu nehmen.
Wir sind völlig begeistert vom Sudan. So nette Menschen. Vom Treibstoff abgesehen scheint das Land gut zu funktionieren, sehr geordnet, sehr friedlich. Keiner der Polizisten trägt hier zum Beispiel eine Waffe...welch ein Unterschied zum waffenstarrenden Ägypten.
Morgens sehen wir die Schüler, die Burschen in türkisen und die Mädchen in hellblauen Uniformen, auch auf dem totalen Land. Wo wir auch hinkommen scheint man sich zu freuen, dass wir da sind. Es wird gewunken und gelacht.
Vielleicht ist ein Embargo durch die westliche Welt manchmal das beste was einem Land passieren kann...
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