Abschied von Äthiopien

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Reisetag 32
Kilometer 7161

Endlich im GS Land und Yusuf in Gefahr!

GS als Teil der Typenbezeichnung der BMW steht für Gelände-Straße. Bis jetzt hat klar die Straße überwogen, heute sollte sich das ändern.
Wir genossen noch das große Frühstück auf der Aussichtsterrasse und dann ging's los. Tanken in Arba Minch und nach Süden aus der Stadt raus.
Die eigentliche Hauptstraße zwischen Addis Abeba und Nairobi in Kenia geht auf der anderen Seite der Seen im Osten vorbei. Wir hätten nach Norden zurück fahren können um auf sie zu kommen. Aber es gibt auch eine kleine Straße nach Süden die in Yabello mehrmals oder weniger direkt auf die  Hauptstraße führt. Wir entscheiden uns für diese. Kaum etwas von Arba Minch entfernt geht die Straße nach links weg, als Schotterpiste.
Der Boden ist ganz rot und lehmig und die Straße gut. Trotz des fehlenden Asphalts kommen wir gut voran.
Bis die ersten Bäche kommen. Die letzten Tage hat es hier stark geregnet. Aus jedem Bachlauf ist nun eine Furt mit teils reißendem Wasser geworden. Teile der Straße sind meist auch mit dem Wasser verschwunden.
Jetzt kommt G wie Gelände. Eine der tiefsten und längsten Furten kommt gleich am Anfang, direkt am Ende von einem Ort. Bereitwillig springen die älteren Buben ins Wasser um uns anzuzeigen wo die flachesten Stellen in der lehmig-roten Brühe sind.
Während ich auf die anderen warte werde ich von den kleineren Kindern des Dorfes umringt. Bis jetzt in Äthiopien eigentlich ungewöhnlich zupfen sie an allen Stellen an meinem Gepäck. Ich Versuche halbwegs alles im Auge zu haben, dann muss ich aus der Menschentraube raus durchs Wasser. Auf der anderen Seite sehe Ichs dann: Yusuf ist weg!
Er hängt nun seit 7000 km rechts an meinem Tankrucksack. Harry Mair von Fairrescue hatte ihn uns zum Start geschenkt und er sollte schon als Maskottchen die ganze Reise mit kommen. Ich stelle das Motorrad ab und fange an zu schreien. Ganz sicher bin ich mir nicht ob ich Yusuf je wieder sehe.
Nun sammeln sich die älteren Dorfbewohner um mich. Ich werde sofort verstanden, der Bär war aufgefallen.
Die anderen Kinder deuten auf das Maisfeld neben uns. Im Hintergrund sieht man wie jeweils einzelne Maispflanzen wackeln, da rennt jemand von uns weg. Zwei Männer, offensichtlich Familienväter sprinten in das Feld hinein. Es dauert nicht lange und sie kommen mit Yusuf in der Hand zurück.
Gerade nochmal Glück gehabt!
Die nächsten 50 Kilometer geht es mehr G als S weiter. Es kommen noch viele Furten. Es macht nach und nach immer mehr Spaß. Das ist das Land für das die BMW gebaut ist und es macht unglaublich Spaß sie hier durch zu fahren. Auch die hohen Hondas mit den guten Reifen schlagen sich sehr gut.
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Mit uns unterwegs sind eigentlich nur große LKW und Toyota Landcruiser der unendlich vielen Hilfsorganisationen.
Auch die hohen Kleinbusse quälen sich auch ab und an durchs Wasser. Für normale PKW wäre spätestens hier aufgrund der zu geringen Bodenfreiheit Schluss.
Es sind 200 km bis Yabello, dort kommen wir wieder auf die Schnellstraße zur Grenze, 150 km haben wir schon. Wenn die Verhältnisse die ganze Strecke so anhalten werden wir es heute nicht bis zur Grenze schaffen.
Dann kommt uns plötzlich ein Bajaj entgegen. Wie kreisende Vögel dem Seefahrer das nahe Land ankündigen sind Bajajs untrügliche Zeichen für das Nahen eines größeren Ortes. Der Ort ist von den Überschwemmungen auch recht mitgenommen aber am Ortsende sehen wir eine große Brücke. Gäbe es diese nicht, über den reißenden Fluß wären wir nie drüber gekommen. Und siehe da, auf der anderen Seite der Brücke geht eine Asphaltstraße weiter. Glücklich fahren wir auf der guten und praktisch leeren Straße schnell weiter.
Bis zum Dorf Konso. Die Teerstraße biegt nach rechts ab, aber unser Navi verlangt, dass wir geradeaus auf eine richtig schlechte Piste fahren. Zur Sicherheit fragen wir einen Busfahrer. Jaja, das sei die Straße nach Yabello. In feuchtem Lehmschlamm Eiern wir weiter und dann die Lösung: die Straße wird hier gerade gebaut. Der Weg scheint jetzt auch für die Einheimischen anspruchsvoll zu sein und sie rufen uns "Slow Slow Slow" zu.
Südlich des Ortes wieder abbiegen und siehe da, hier ist ein Stück der Straße fertig. So geht es jetzt bis Yabello weiter. Ein Wechselbad der Gefühle. Echtes G und S eben. Entweder eine perfekte, nigelnagelneue Straße oder roter Lehm. Die Farben der Landschaft aus grün und rot sind gigantisch! Wir versuchen sie auf unseren Kameras fest zu halten.
Dann kommen wir in Yabello an. Zum Glück doch schneller als gedacht.
Auf der Schnellstraße 6 trauen wir unseren Augen nicht. Sie ist Teil der Verbindung zwischen Addis Abeba und Nairobi. Und wir schließen daraus, dass sie damit wohl auch Teil des Transafrika Highways ist auf dem wir ja schon so gut in Südägypten und im Nordsudan gefahren sind.
Jedenfalls ist es die beste Straße auf der wir in Äthiopien gefahren sind. Ab und an überraschen uns noch schwere Regenschauer...aber nie für lang.
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Gut erreichen wir gegen vier Uhr den Grenzort Moyale. Moyale ist in einen äthiopischen und einen kenianischen Teil geteilt.
Der Äthiopische ist recht verrufen, immer wieder geraten hier lokale verfeindete Stämme gewaltsam aneinander. Wenn möglich wollen wir hier nicht über Nacht bleiben.
Am Ortseingang wird grad eine große neue Kaserne gebaut. In Arba Minch haben sie uns gesagt die Situation in Moyale sei nun kein Problem mehr, die Armee hätte es im Griff.
Wir wollen unsere letzten Birr vertanken. An der Zapfsäule sagt uns der Tankwart stehe zwar 19 Birr pro Liter aber er verlange halt 25. Wir zeigen ihnen einen Vogel und fahren weiter. Angebot und Nachfrage...in Kenia ist der Sprit viel teuerer.
Die Ausreise aus Äthiopien geht in dem großen, neuen Grenzgebäude zügig und problemlos.
Dann nach Kenia. In Kenia herrscht Linksverkehr!
Am Grenztor der bedeutende Moment: an einer Verkehrsinsel muss rechts nach links und links nach rechts. Durch das linke Tor geht es zum Kenianischen Grenzgebäude.
Wir stellen die Maschinen ab und machen die Immigration. Man ist begeistert, dass wir schon ein East Africa Visum für Kenia, Uganda und Ruanda haben. Ein Visa on Arrival wäre kein Problem gewesen.
Gegen 17:30 sind wir eingereist und suchen den Zoll. Wir treffen einen netten Zöllner der hat eigentlich schon seit einer halben Stunde Feierabend. Wir brauchen auch eine Versicherung für Kenia und die Büros haben schon alle zu.
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Neben dem Grenzgebäude gibt es ein Hotel mit Restaurant und Bar. Wir bekommen zwei Zimmer. Das Gebäude war mal als Unterkunft und Mensa für die Grenzer gedacht...und das spürt man auch. Die Rezeptionistin sitzt hinter dicken Eisenstäben, die Bar ist hinter Gittern und das Essen wird in Blechnäpfen gereicht. Bei uns gönnte das gut als Eventgastronomie durchgehen.
Aber jedes Zimmer hat ein eigenes Bad und wir bekommen, hungrig wie wir sind, viel, warmes Essen.
Unser Wirt erzählt uns, den letzten Schusswechsel im Äthiopischen Moyale habe er vor acht Tagen gehört. Wir sind froh auf Kenianischem Boden zu übernachten.
Nach einem Kenianischen Begrüßungsbier auf der Terrasse dieser Mischung aus Mensa, Unteroffiziersheim und Fernfahrerkneipe geht's ins Bett.

Nun liegt Äthiopien hinter uns. Das fünfte von 15. Ländern ausserhalb der EU. Wie war der Eindruck? Für jemandem der aus dem Sudan mit einem streng islamischen Ehren- und Gastkodex kommt wird jedes Land nicht gastfreundlich wirken.
Aber das permanente "You,you,you" zehrt an den Nerven.
Das NGO Problem und die völlige Reduktion des Weissen auf den "Care Giver" und den Spender machen das Reisen etwas mühsam.
Das Erziehen eines ganzen, ehemals stolzen, Landes zu Bettlern und Almosenempfängern ist das absolute Versagen der westlichen "Hilfswelt".
Das Land selbst ist unglaublich schön. Ein Paradies aus Grün-, Braun- und Rottönen. Die Regierung versteht das auch und hat es tatsächlich geschafft die Plastikkatastrophe in den Griff zu bekommen. Sicher ein Vorbild für alle anderen Länder.
Mit gemischten Gefühlen zu diesem Land verlassen wir es.

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